Friede auf Erden

Es liegt wohl an der Schlichtheit der biblischen Botschaft, dass Weihnachten, obwohl in der Hierarchie der christlichen Feste nicht ganz oben angesiedelt, sich einer solch großen Beliebtheit erfreut. Dass ein Kind auf die Welt kommt, leuchtet ein, dass Gott die Gestalt eines Menschen annimmt, schon weniger. Ausgerechnet jenes Wesens, das sich anschickt, die Erde unbewohnbar zu machen und dessen Artgenossen ihre Probleme bis heute lösen indem sie sich gegenseitig umbringen oder Fremdes als bedrohlich erkennen und bekämpfen.

Über dieses Dilemma hat sich schon Platon 400 Jahre vor Christus Gedanken gemacht: Schön wäre es, fänden sich die Menschen in einem Staat nach göttlichem Vorbild zusammen. Da sie das nicht tun, helfe nur die Beherrschung durch eine kleine Elite, strenge Zensur und ein Eroberungskrieg, wenn es zu Hause zu eng wird. Sind wir heute wesentlich weiter in der Frage, wie man den Menschen vor seinesgleichen schützt?

Bietigheims Antwort misst 3,50 auf 1,20 Meter soliden Betons und steht, mit Tannengrün behängt, auf dem Kronenplatz Richtung Unteres Tor. Eine eher symbolische Geste, denn weder leben wir am Berliner Breitscheidplatz noch lassen sich Terroristen, wie das Straßburger Beispiel lehrt, durch Sicherheitsvorkehrungen jedweder Art von ihrem Vorhaben abbringen.

So kann unsere stumme Botschaft nur lauten: Wir wissen um euren Hass auf uns, unsere Zivilisation und den Preis, den andere Völker dafür bezahlt haben; dass ihr Rache üben wollt und dabei auf einen in tiefer Seele verborgenen Punkt zielt. Denn allen Säkularisierungsbegehren zum Trotz werden zu der Zeit der erleuchteten Gassen biblische Träume wach, die Wünsche nach Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit jenseits des materiell Fassbaren. Und das, obwohl sich die Gesellschaft in eine andere Richtung entwickelt. Die Hektik scheint in der Vorweihnachtszeit eher zuzunehmen, der Umgangston ist mindestens so ruppig wie zuvor und die jungen Frauen unseres Ordnungsamts werden bei ihren Parkplatzkontrollen aufs Übelste beschimpft.

Es ist ein schmaler Steg, der sich an Weihnachten über tiefe Gräben spannt. Jeder hat die Freiheit, ihn zu begehen.

Dr. Georg Mehrle
FDP-Fraktion

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